Aus:
Der Gebirgsbote. Glatz, 23. Juni 1903
Die neue Pfarrkirche |
r. Niederhannsdorf, 20. Juni.
Ein Freudentag für Niederhannsdorf war der 18. Juni, da für
diesen Tag der aus Anlaß der kanonischen Visitation hier
anwesende Hochw. Herr Großdechant Dr. Hohaus die Feier der
Grundsteinweihe unserer neuen Pfarrkirche angesetzt hatte. Was
so viele seit Jahren erhofft hatten, das sollten sie frohen und
bewegten Herzens am vorigen Donnerstag erleben und sehen. War
infolge des fortwährenden Regens der Bauplatz mit seinem
lehmigen Untergrunde rein bodenlos geworden, so hatte doch die
Sonne am vorhergehenden Tage wieder alles getrocknet, daß die
Feier bei herrlichstem Wetter gehalten werden konnte.
Nach beendigter Visitation zelebrierte der Herr Großdechant in
der alten Kirche um 9 Uhr das hl. Amt unter Assistenz der Herren
Pfarrer von Hobe=Rengersdorf als Diakon und Oberkaplan
Meier=Glatz als Subdiakon, während Herr f.-e. Notar Schlombs als
Presbyter assistens fungierte. Der Kirchenchor sang die Missa
St. Josephi von Zangl. Darauf begab man sich in festlichem Zuge
auf den Bauplatz neben dem Pfarrhofe, woselbst Herr Pfarrer
Richter aus Altwaltersdorf durch seine herzergreifende
Festpredigt die Bedeutung und Wichtigkeit der Weihe klarlegte.
Nach dem Ritus des Pontificale Romanum weihte sodann der Herr
Großdechant den Ort des Hochaltars, den Grundstein und die
Fundamente der Kirche. Der Grundstein, gefertigt in der
Werkstätte des Bildhauers Barsch zu Glatz, ist das Geschenk
einiger Wohltäter. Die Urkunde, welche in den Grundstein gelegt
und auch vorgelesen wurde, hatten unterzeichnet der Großdechant
Dr. Hohaus, der Kgl. Landrat von Steinmann, der Patron
Rittergutsbesitzer Volkmer, der Ortspfarrer und die anwesenden
Geistlichen, der Amtsvorsteher Allnoch, Architekt Schneider aus
Oppeln und die Baukommission als Vertreter des Kirchenvorstandes
und der Gemeinde.
"Großer Gott, wir loben Dich" konnten aus dankerfülltem Herzen
die Niederhannsdorfer singen, als sich der Zug zur Erteilung des
sakramentalen Segens zur alten Kirche zurückbewegte.
Der Grundriß der neuen Kirche zeigt eine Kreuzanlage mit
schmalen Seitenschiffen, welche nur als Gang gedacht sind. Die
Architektur des Bauwerkes ist in gothischen Backsteinformen
entworfen. Der Rohbau beschränkt sich im wesentlichen nur auf
die konstruktiven Teile des Aeußern und Innern und dient im
dekorativen Sinne zur Ausschmückung bezw. architektonischen
Behandlung des Presbyteriums und der Chorbrüstung.
(Den
Wortlaut der Grundstein-Urkunde können wir
wegen Raummangels erst in der nächsten Nummer veröffentlichen.
Die Red.)
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